Zeitraummangel

Es gibt Anlass zur Sorge. Mit einer harmlos daher gewehten Erkältung fing es an. Wir alle kennen das,ein Kratzen im Hals, ein Jucken in der Nase und hier und da ein unmerkliches Brennen der Augen, mit einem Zwinkern schon wieder in Vergessenheit geraten.
Das ist meine übliche "Kalte Jahreszeit Erkrankung". In der Regel hüpfe ich in die Apotheke, decke mich mit den Gegenmitteln dieser Kältevergiftung ein und fertig.
Aber dieses Mal....ich wage es kaum aus zu schreiben, beschämt und verwirrt es mich doch zutiefst.
Ich jammere und winsel,bin schon zum zweiten Mal in der Apotheke gewesen,weil genug Mittelchen eben noch nicht genug sind, schleppe mich von Couch ins Nirgendwo und zurück zur Couch,heule all meinen Mitbewohnern die Ohren voll und als ich heute auch noch meinen Geschmackssinn über den Jordan gehen sah,war ich über zeugt,mein Ende sei gekommen. An Grausamkeit ist dieses letzte Detail der nicht enden wollenden Liste meiner Leiden nicht zu über treffen. Das KANN nur der nahende Tod sein!

Und dann halte ich einen Moment inne, trete kurz aus mir heraus und betrachte die Misere mit gebührenden Abstand....um fest zu stellen:

Ich habe MÄNNERGRIPPE.

Wie kann das sein?! Ich bin doch gar kein Mann!!?

Es gibt nur zwei Möglichkeiten.
1. seit dem Hirnschaden weiß mein geliebtes Oberstübchenorgan nichts mehr von der ursprünglichen Geschlechtszugehörigkeit, oder
2. ich befinde mich ungewollt und ohne Grund oder auch nur Vorwarnung bereits mitten im Klimakterium oder auch Wechseljahren und verfüge plötzlich über derart viel Testosteron,dass ich an dieser doch sehr männlichen Erkrankung leide....Klimawechsel quasi...

Ganz gleich,woran es liegt, ich bin zutiefst verstört,während ich mit dem Grippetod ringe.
Und niemand bringt mir Wick medi night.

Irgendwann letzten Herbst habe ich gesagt: Ich könnte mal ne Reha von meinem Privatleben gebrauchen, leider kann mein Arzt mich nur beruflich krank schreiben...
Gar nicht all zu viel später, an einem scheinbar ganz unauffälligen Samstag wird mir schwindelig, ich spreche wie betrunken, meine linke Hand lässt alles fallen und die Menschen in meiner Umgebung sagen mir, dass meine linke Gesichtshälfte hängt. Die Kurzfassung. Zwischen schwindelig und hängender Gesichtshälfte liegen ca zwei Stunden, in denen Symptome kommen und gehen,als sei ich die Nordsee und die Ausfälle meine Gezeiten.
Direkt nach dem ersten Schwindel und Gefasel, dass mir ungelenk aus dem Mund fällt, beuge ich mich zu meinem Hund hinab,drücke ihn an mich und denke, dass ich an diesen Tag später zurück denken werde,mich an diesen Moment erinnern und denken werde: In dem Moment war alles noch normal....
Und schon geht dieser Gedanke auch schon wieder unter, in diesem unauffälligen Samstagsgeschehen.
Letztlich endet der Tag im MRT, ein Schlaganfall wird festgestellt und noch am gleichen Abend wird mir zu einer Reha geraten.
So schnell werden Wünsche erfüllt.
Ich möchte kurz erwähnen, dass dieses unangemeldete Hirnereignis folgenlos blieb und ich mich körperlicher Gesundheit erfreue.
Dennoch gab es eine Reha und noch nicht lange gehöre ich wieder zum arbeitenden Volk.

Und vom Tage des Schlaganfalls bis heute gibt es unzählige Experten, die wissen woher er kam und was definitiv nicht die Ursache war.
Er hatte nichts mit der Rauchererei, Cholesterin oder mit Stress zu tun,sondern al!ein mit dem Loch im Herzen....sagen die einen Ärzte und Umgebungsmenschen (die lieber nicht sehen, dass ich weniger Stress hätte,wenn sie unterstützen würden).
Die Nichtraucher sagen,das Rauchen ist schuld.
Die anderen Ärzte sagen,es ist nicht sicher das Loch im Herz,sondern eher multifaktoriell....die Kollegen,denen ich zu anstrengend bin,sagen,mein selbst gemachter Stress,also allein ich bin schuld.
Und so hat jeder die höchst wahrscheinlichste Theorie, warum und weshalb ich nun auch ganz offiziell einen Dachschaden habe und ganz sicher sind alle Theorien hochgradig objektiv und fachmännisch entwickelt worden.
Ich als betroffene Laiein (wie geht die weibl. Form von Laie??) möchte annehmen die Ursache ist,das Scheiße
passiert oder aber, dass ich meine Wünsche präziser formulieren muss.
Und ich bin kein Klugscheisser, ich weiß es wirklich besser
B-)

Tischgespräch mit der hauseigenen Teenagerin:

"Wie kommt das eigentlich, dass ich vor zwei Jahren noch viel mehr essen konnte und heute so schnell satt bin?"

"Mh, vielleicht,weil du vor zwei Jahren noch viel gewachsen bist und mehr brauchtest..."

Die Teenagerin wirft mir einen prüfenden Blick zu....

"Aber du isst doch auch ganz viel...."

Ich räuspere mich kurz und erkläre ihr,dass ich mich ja auch noch im Wachstum befinde....eben nur in andere Richtungen im Raum.
B-)

Drei Begriffe,die mein Leben bestimmen.
Der Tag hat zu wenig Stunden,mein Körper nimmt zu viel Platz weg und irgendwie kommt alles zu kurz.
Ich habe also ein Zeitraummangelproblem.
Und dennoch verlangt es mir danach,zu schreiben. Öffentlich und mit der Möglichkeit, kommentiert zu werden,denn ich liebe es, Gedanken zu teilen und aus zu tauschen.
Im kleinsten Zeitraum ist Platz für Gedankenaustausch.
Also ein fröhliches "Guten Tag" in die Runde wünsche ich und freue mich auf alles,was nun kommen mag :-)